REIFEN IM HOLZFASS

Was passiert eigentlich im Holzfass und macht Fasslagerung überhaupt noch Sinn? 

Der Rum und Whiskey -Absatz ist in den letzten Jahren stark angestiegen, vor allem der Bereich der fassgelagerten Varianten erfährt aktuell eine Renaissance. Sind aber hierbei die Fässer nur ikonisch aus Marketingzwecken für eine Produktgattung verwendet, einfache Lagerbehältnisse oder gibt es gute Gründe, warum Fasslagerung wieder mehr in den Fokus der Kunden und Hersteller rückt? Diese Fragen wird in diesem Artikel am Praxisbeispiel des größten Rumfasslagers Süddeutschlands betrachtet.

Warum macht eine Holzfassreifung überhaupt Sinn?

Sicherlich haben Sie schon gehört, dass eine Reifung im Holzfass den Inhalt milder, weicher oder runder macht und das Ausgangsprodukt um Aromen bereichert. Aber ist das wirklich so und wenn ja, was geht da im Detail vor sich?                                                                            
Es passieren eine Vielzahl von komplexer mikrobiologischer und chemischer Prozesse im Fass, die wichtigsten lassen sich drei Fachbegriffen zuordnen, welche helfen die Prozesse im Holzfass besser zu verstehen.

Subtraktive Reifung

Wie der Name schon vermuten lässt, verringern sich hierbei Elemente durch die Reifung. Das ist durchaus auch erwünscht, denn durch den Kontakt mit der Luft (sog. Atmung des Fasses) aufgrund der offenen Poren im Holz wird ein Prozess namens Mikrooxidation in Gang gesetzt, bei welchem sich Fehlaromen verlieren. Zudem finden beschleunigt durch die Atmung, Veresterung in den Aromaketten statt, wodurch scharfe oder unrunde Aromen milder und weicher werden. Außerdem haben sogenannte „getoastete Fässer“ durch das Flammbieren des Holzes (je nach Hitzegrad) eine Art Aktivkohleschicht auf der Innenseite des Fasses, durch welche Fehlaromen eliminiert werden. Als letzte und aus meiner Sicht für den Rum wichtigste Subtraktive Reifung ist der sog. Angels Share zu nennen. Hierbei verdunstet ein Teil des Fassinhaltes durch die Poren des Holzes. Das führt dazu, dass im Inneren des Fasses eine Aufkonzentration stattfindet, Man kann das sehr gut mit dem Kochen einer Soße vergleichen. Denn jede selbstgemachte Soße ist vor dem Einkochen wässrig und dünn, erst durch das Einkochen wird sie sämig, vollmundig und köstlich. Genauso ist es bei der Fassreifung, denn es verdunstet hauptsächlich Alkohol aber auch Wasser (je nach Lagerbedingung) und das Aroma, was oft in Ölen oder Estern gebunden ist, bleibt zurück. So entsteht bei einer Lagerung mit hohem Angel Share ein intensiver cremiger Rum. Deshalb sollte Rum auch nicht kühl und feucht, sondern trocken und warm gelagert werden. Begrenzt wird das ganze natürlich durch die Physik des Fasses, denn wenn es zu trocken steht, kann das Fass durch das zusammenziehen des Holzes auch undicht werden. Aus der Erfahrung heraus ist ein Angels Share zwischen 4% und 8% ideal. Zu beachten hierbei ist auch noch der Zoll, denn je nach Genehmigung sind nur unterschiedliche Schwundsätze steuerfrei.

Additive Reifung

Wenn beim Riechen ins Spirituosenglas Aromen wie Vanille, Karamell oder Dörrobst wahrnehmbar sind, dann sind diese in der Regel auf die Additive Reifung zurückzuführen. Bei dieser gehen Aromen oder Eigenschaften des Fasses in die Spirituose über. Aber warum ist das so? Hierbei fungiert der Alkohol, aber auch das Wasser, als Lösemittel, löst die Komponenten aus dem Fass und nimmt sie dabei in sich auf. Hierdurch wird zum Beispiel Vanillin aus dem Eichenholz gelöst, dies gibt, wie der Name schon sagt, die Vanillearomen im Destillat. Oder aber es werden Aromen der Vorbelegung gelöst, so zum Beispiel Sherry Aromen, wenn im Fass vorher Sherry gelagert wurde. Aber auch die Färbung einer Spirituose ins Goldene, oder Bernsteinfarbene bis hin zu Dunkelbraun gehört hauptsächlich zu dieser Reifungsform. Hierbei gehen Farbmolekühle des Holzes oder der Vorbelegung in die Spirituose über. Wenn ein Fass zum Beispiel getoastet wurde, gibt die Kohleschicht dunkle Farbe an das Holz ab. Allerdings gibt auch das Holz an sich, je nach Sorte, unterschiedlich Farbe ab (zum Beispiel Maulbeere sehr viel und Esche kaum) und wenn Beispielsweise ein kräftiger Rotwein im Fass war, dann bekommt der Inhalt zuerst eine rosafarbene Färbung, welche allerdings später rötlich braun wird. Die Additive Reifung ist aus meiner Sicht die Vielschichtigste der dreien, durch welche eine beinahe unendliche Vielzahl von Geschmäcker erwirkt werden kann. Und sie ist der Grund, warum man sagt, dass die Fassreifung von Spirituosen ca. 80% des Geschmackes ausmacht. So schmeckt beispielsweise ein Rum, welcher in einem getorften Ex -Islay Fass liegt nach kaltem Rauch und Moos, aber wenn ein und derselbe Rum in beispielsweise einem Spätburgunderfass liegt bekommt er rotfruchtige- gepaart mit einem Hauch Milchschokolade –Aromen. Aber wie bereits erwähnt ist nicht nur die Vorbelegung entscheidend, genauso wichtig ist die Fassgröße, die Holzart, die Bauform sowie der Toastungsgrad und die Lagerdauer. Deshalb benötigt diese Komponente auch sehr viel Erfahrung, sehr gute Kontakte (um überhaupt an gute Fässer zu kommen), ein gutes Gespür für Aromen und deren Kombination sowie äußerstes Fingerspitzengefühl und sollte mit viel Bedacht entschieden und behandelt werden.

Interaktive Reifung

Bei der Interaktiven Reifung geht es weder um die Verringerung der unerwünschten Aromen, wie bei der subtraktiven Reifung, noch um das Hinzufügen von Attributen wie bei der Additiven Reifung, sondern vielmehr um eine Interaktion, also sich beeinflussende Prozesse. Wie die Kombination aus Lagerklima, Holzart, Bauart und Vorbelegung des Fasses. Um es an einem Beispiel festzumachen, so färbt sich eine Spirituose wie beschrieben zuerst einmal rosa, wenn sie in ein frisch entleertes, restfeuchtes Rotweinfass kommt. Abhängig von Größe der Poren und Bauart sowie der Häufigkeit der Wetteränderungen und somit des Luftaustausches des Fasses findet eine Oxidation der Farbe statt und sie ändert sich in rotbraun. Somit ist der Einfluss des Fasses nicht nur beruhend auf einer losgelösten Reifungsform, sondern immer die Kombination und Interaktion unterschiedlicher chemischer Prozesse, die aufeinander basierend ablaufen und somit den Charakter eines fassveredelten Destillates grundlegend bestimmen.

 

Fazit

Es gibt auf dem Markt unterschiedliche Ansätze oder sogenannte Alternativen zur Fassreifung, allerdings sind das immer nur Versuche ähnliche Prozesse wie durch das Holzfasslagern zu erzeugen. Zum Beispiel eine Magnetisierung, um eine Abrundung der Spirituose hervorzurufen oder Holzchips um eine Additive Reifung zu erzeugen. Aber schlussendlich benötigt man für den höchsten Grad der Veredelung einer Spirituose alle drei Reifungsformen und diese finden nur in Kombination und Perfektion in einem Holzfass statt. Also sind Holzfässer nicht nur stereotypisch für Rum oder sind günstige Lagerbehältnisse für Spirituosen. Nein, sie sind die entscheidende Zutat bei der Herstellung von fassgereiften Destillaten.

 

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